Fleischiges auf den Tellern und an den Restaurant-Wänden
Eine neue Reihe lädt mit Bildern, ausgesuchten Weinen und Speisen zur «Künstlertafel» in das Lokal «Casandra»
  
Kunst im öffentlichen Raum erfahrbar zu machen, ist das Anliegen des außergewöhnlichen Projektes «Galerie für einen Tag/galleria per un giorno». In vorerst zwei Restaurants, dem «Casandra» in Nürnberg und «La Pace» in Turin, stellen europäische Künstler ihre Objekte aus und kreieren mit ausgesuchten Weinen und Speisen eine «Künstlertafel».

Die in Nürnberg lebende Prager Malerin Hata Hlavata macht den Auftakt bei dem Projekt «Galerie für einen Tag» unter der Federführung des «Museums für zeitgenössische Kunst» (Casa di Console di Calice Ligure) und des «Zentrums für Gegenwartskunst» (Castello di Rivara). Franz Paludetto, der als Direktor den beiden renommierten Institutionen vorsteht und mit der «Galerie Lindig» seit Jahren in Nürnberg verwurzelt ist, entwickelte die Idee beim Besuch im Restaurant «Casandra».

In Anlehnung an die berühmten Künstlertreffpunkte wie die Barceloneser Bar «Els quatre gats», in der Picasso, Miró und Gaudí Stammgäste waren, oder Yves Kleins Lieblingsbrasserie «La Coupole» in Paris soll nach der Intention von Paludetto und «Casandra»-Chefin Sandra Müller die Verbindung von Kunst- und Kulinargenuss wieder neu erstarken.

Im kleinen, geschmackvoll eingerichteten Gastraum stellt Hata Hlavata vorwiegend fragile, gleichsam kraftvolle Akte aus. Ihre Eindringlichkeit gewinnen die kleinformatigen, in Stahlrahmen ausgestellten Bilder durch ihre Reduktion: «Sie sind in den Raum gestellt, befreit vom Ballast», so Hlavata, «es gibt keinen Vordergrund, keinen Hintergrund. Es sind intime, private Bilder, die ein wenig Abstand bedürfen.»

Die Akte sind Teile jener Serien, die Hlavata in Büchern fertigt. Aus den einzelnen Werken, die über viele Monate Arbeit ein Ganzes, eine Art ästhetisches Tagebuch formen, wählte Paludetto die ausgestellten Akte aus und schnitt sie aus dem Buch. Ein Vorgang, der die Zeichnungen aus ihrer linearen Struktur in neue, spannende Kontexte hebt. Vieldeutige Mann-Frau-Beziehungen finden sich hier ebenso wie entblößte, aber nie bloßgestellte Körper. «Bollito con mostarda di frutta e dolcetto» bot die Künstlerin zur Vernissage an – lange gekochtes Fleisch mit kandierten Früchten – das passt, beschäftigt sich die Künstlerin doch ebenfalls mit «Fleischigem», wie sie augenzwinkernd bemerkt.

Neben arrivierten Künstlern wie Paul Renner, Gosia Turzeniecka und dem Italiener Bruno Locci, der nach Hlavata im «Casandra» ausstellen wird, sind auch Debütanten der Nürnberger Kunstakademie in der «Galerie für einen Tag» vorgesehen. Jeder Künstler wandert mit seiner Ausstellung durch mehrere Lokale – das Projekt will Netzwerke in ganz Europa knüpfen. Hata Hlavatas Ausstellung in Nürnberg ist ein gelungener Start. SUSANNE ZIEGLER

Ausstellung bis 15. April im «Casandra», Rückertstr. 11, Reservierung unter 3 22 64 44.
3.4.2007
 
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